Der gewaltsame Tod von George Floyd in Folge rassistischer Polizeigewalt löste weltweit Proteste gegen Rassismus und soziale Ungleichheiten aus. Das Bündnis Bildung für eine demokratische Gesellschaft unterstützt die Demonstrationen und demokratischen Be-strebungen in der Überzeugung, dass Demokratien sich am Umgang mit Diskriminierungen und Ungleichwertigkeitsideologien sowie am Umgang mit zunehmenden sozialen Benachteiligungen und Spaltungen der Gesellschaft messen lassen müssen.
Aus unserer Sicht ist die flächendeckende demokratische Bildung eine von vielen Voraus-setzungen für Gleichberechtigung und Teilhabe migrantisierter und rassifizierter Personen, People of Color und Schwarzer Mitbürger*innen und sie muss langfristig, nachhaltig Wirkung erzielen.
Gemeinsam mit unseren Partner*innen sehen wir uns in der Verantwortung, demokratie-pädagogische Aktivitäten engagiert voranzubringen. Als Bündnis aus Organisationen und engagierten Einzelpersonen mit langjähriger Erfahrung im Bereich der Bildung für eine demokratische Gesellschaft beobachten wir, dass der sogenannte Alltagsrassismus in Bildungseinrichtungen die strukturellen Ursachen und sozialen Folgen von Rassismus flankiert und verstärkt.
Wir fordern den umfassenderen Ausbau der Antidiskriminierungsarbeit auf allen Ebenen. Dazu gehören:
- Antidiskriminierungsgesetze in allen Bundesländern;
- den Begriff der „Rasse“ im Artikel 3 des Grundgesetzes zu streichen und zu ersetzen, wie es das Institut für Menschenrechte bereits seit 2010 fordert. Eine mögliche Änderung könnte sein: von“ Rassifizierung Betroffene“;
- die Einrichtung von unabhängigen Ombudsstellen für Diskriminierung;
- flächendeckende und nachhaltige Qualifizierungsmaßnahmen für Lehrpersonen und pädagogisches Personal im Bereich Antirassismus sowie Rassismus- und Machtkritik, als fester Bestandteil aller Phasen der Lehrer*innenausbildung;
- Reflexion der Qualitätssicherung in Kitas, Schulen und Jugendeinrichtungen im Hinblick auf Diskriminierungs- und Rassismuskritik;
- eine Überprüfung der Lehrpläne im Hinblick auf die Kolonial- und Migrations-geschichte und das Wissen über Rassismus und Rassismuskritik unter Einbeziehung von Grundrechten und Grundrechtsklarheit;
- eine Überprüfung von Unterrichtsmaterialien im Hinblick auf diskriminierende Darstellungen;
- eine nachhaltige strukturelle Ausstattung der Initiativen, Vereine und Organisationen, die in diesem Bereich tätig sind und eine fundierte Expertise einbringen;
- offene, ehrliche und inhaltliche Debatten im öffentlichen Raum sowie in den (sozialen) Medien.
Neben diesen direkten Forderungen möchten wir als Bündnis Bildung für eine demokratische Gesellschaft die Mahnung wiederholen, die Schulen grundlegend demokratisch-strukturell zu erneuern.
Denn für die Bildung im 21. Jahrhundert ist die tatsächliche Mitgestaltung aller Beteiligten in und an Schule, unabhängig von sozialen und anderen individuellen Merkmalen und die Demokratisierung hierarchischer Lernformate und -methoden unabdingbar.
Daher sprechen wir unseren Dank und unsere Unterstützung all jenen Bündnispartner*innen aus, die sich unermüdlich und vielen Widerständen zum Trotz, regional oder bundesweit für eine demokratische Bildungsstruktur und Verfasstheit von Schule und weiteren Bildungs-einrichtungen einsetzen.
Um diese Ziele zu erreichen, setzen wir auf starke Netzwerke, die voneinander lernen und sich in ihrer Arbeit gegenseitig stärken. In diesem Sinne haben wir in 2018, alle Interessen-gruppen einbindend, das bundesweite Bündnis Bildung für eine demokratische Gesellschaft gegründet.
Aktuell möchten wir besonders auf die Arbeit aller Partner*innen hinweisen, die seit vielen Jahren Rassismus und andere Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit mit ihrer engagierten Bildungs- und Antidiskriminierungsarbeit bekämpfen. Diese bemühen sich tagtäglich mit ihrem Einsatz vor Ort, an Schulen und in anderen Bildungseinrichtungen, darum, alle Ausprägungen von Rassismus im Alltag sowie die strukturellen Benachteiligungen offen zu legen und zu bekämpfen – denn „Rassismus muss kontinuierlich neu verlernt werden“ (Katharina Oguntoye, FR, 14.06.2020).
Hinweis:
Gegenwärtig wird dieser Text durch Medienverteiler in Umlauf gebracht. Deswegen ist die Liste der Unterzeichner*innen nicht abschließend.
Erstunterzeichner*innen aus dem Bündnis
„Bildung für eine demokratische Gesellschaft“ (Stand: 21. August 2020):
- Bundesverband der Freien Alternativschulen (Tilmann Kern)
- BildungsCent e.V. (Silke Ramelow)
- Bildungswerk für Schülervertretung und Schülerbeteiligung (Viktoria Lachenmaier)
- Deutsche Gesellschaft für Demokratiepädagogik (Ulrike Kahn)
- Deutsches Kinderhilfswerk (Holger Hofmann)
- Entwicklungspolitisches Bildungs- und Informationszentrum (Elke Weißer)
- Freinet-Kooperative (Gitta Kovermann)
- Ganztagsschulverband (Eva Reiter)
- GLS Treuhand Zukunftsstiftung Bildung (Matthias Riepe)
- KinderRechteForum (Üwen Ergün)
- Konflikthaus e.V. (Kerstin Lück)
- Lernkulturzeit Akademie (Silke Weiß)
- Makista e.V. (Jasmine Gebhard)
- National Coalition Deutschland – Netzwerk zur Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention (Jörg Maywald und Luise Pütze)
- Pestalozzi-Fröbel-Haus Berlin (Ludger Pesch)
- Schule im Aufbruch (Margret Rasfeld)
- Stiftung Bildung (Johannes Domnick)
- Stiftung Lernen durch Engagement (Franziska Nagy)
- Teach First Deutschland (Wilke Ziemann)
- Verband muslimischer Lehrkräfte e.V. (Birgül Karaarslan)
Hinweis:
Gegenwärtig wird dieser Text durch Medienverteiler in Umlauf gebracht. Dementsprechend ist die Liste der Unterzeichner*innen noch nicht abgeschlossen.
Hintergrund
Das Bündnis Bildung für eine demokratische Gesellschaft wurde am 10. Juni 2018 in Berlin gegründet und umfasst rund 70 zivilgesellschaftliche Organisationen und staatliche Stellen. Die Partner*innen verbindet ein gemeinsames Demokratieverständnis, welches Demokratie als menschenrechte-basierte Staats-, Gesellschafts- und individuelle Lebensform begreift und damit ein breites Spektrum verwandter Themenfelder, wie Demokratiepädagogik und politische Bildung, Kinder- und Menschenrechtebildung, Bildung für nachhaltige Entwicklung, kulturelle Bildung und / oder die Förderung bürgerschaftlichen Engagements umfasst.
Stellungnahme / Pressemitteilung
zum Download (PDF).
Stand: 21.08.2020