Liebe Aktive der Initiative „Fridays for Future“,

Demokratie lebt vom Engagement ihrer Bürgerinnen und Bürger – gleich welchen Alters. Dabei gibt es immer Zeiten der Ruhe und Zeiten der Bewegung. Wir gratulieren Euch: Eure Demonstrationen schaffen notwendige Unruhe und sind die Größten seit langem. Eure Bewegung findet nicht nur in vielen Ländern Anklang und Verstärkung, sondern verschafft sich auch Aufmerksamkeit und Respekt bei Regierungen, in der Wirtschaft und in den Medien.

Ihr habt Euch den Namen: „Fridays for Future“ gegeben. Diese Bewegung wird von einer neuen Generation junger Menschen getragen. Ihr tragt Eure Sorge um den Planeten und den Unmut über politisch Verantwortliche auf die Straße. Dabei scheint uns das Besondere Eures Protestes zu sein, dass es nach Eurer Überzeugung nicht länger nur um gemäßigte Reformschritte, sondern um radikale Veränderung zur Rettung der Welt geht. Dies findet auch große Unterstützung in der Wissenschaft. Für die „Scientists for Future“ ist Eure Sorge vollkommen nachvollziehbar: Schließlich müsst Ihr in der Welt überleben, die wir Ältere Euch überlassen.

Zur Initiatorin und Symbolfigur des klimapolitischen Protests wurde Greta Thunberg. Ihr und Euer freitäglicher Schulstreik hat massenhafte Nachahmung gefunden, in der politischen Öffentlichkeit jedoch auch kontroverse Reaktionen hervorgerufen. Neue Bewegungen vertragen sich oft nicht mit Regeln und Traditionen. Die Reaktionen sind von Schule zu Schule, von Land zu Land ganz unterschiedlich.
Ihr steht für eine junge, verantwortungsvolle Generation. Aus unserer Sicht betreibt Ihr jeden Freitag Bildung für eine demokratische Gesellschaft. Damit verbinden sich politische Aspekte, an denen auch wir Erwachsene lernen können. Drei wichtige seien hier genannt.

Erstens: Zu den demokratischen Tugenden zählt, manchmal auch persönliche Nachteile in Kauf zu nehmen, zum Beispiel eine Bestrafung für das Fernbleiben vom Unterricht. Ihr geht dieses Risiko ein und werdet dadurch zum Vorbild. Eine Initiative zunächst weniger Menschen wird zu einer sozialen Bewegung. Das zeigt, dass man politisch etwas in Gang bringen kann.

Zweitens: Euer Handeln ist zutiefst rational. Es speist sich aus einer pragmatischen Einsicht in die Unverantwortbarkeit des Umgangs mit dem Planeten. Sie argumentiert mit Fakten und führt die unbedingte Priorität ökonomischer Ziele ad absurdum. Sie bekennt Farbe – auch wenn viele andere gedankenlos weitermachen wollen.

Drittens: Ihr zeigt den Weg von der Angst zum Handeln. Ihr liefert den Beweis, dass Emotion und Vernunft keine Gegensätze sein müssen. Eure Bewegung ist ein humanes Gegenmodell zu einer Geht-Nicht-Politik. Die Sorge um die Zukunft des Planeten ist menschenfreundlich und schließt alle mit ein.

Wir freuen uns, dass viele Schulen Euer demokratisches Engagement für die Erde für höherrangig halten, als den eigenen Stundenplan. Es ist gut, dass auch Lehrerinnen und Lehrer nicht nur den eigenen Stundenplan sehen und nach Kompromissen zwischen dem Demonstrationsrecht und der Schulpflicht suchen. Bildung für eine demokratische Gesellschaft bedeutet auch, das demokratische Engagement im öffentlichen Raum als eine der kostbarsten Lerngelegenheiten anzuerkennen.

Wir hoffen, dass Ihr den Ausgleich von Schulstunden möglichst kreativ mit Gleichaltrigen, Schulleitungen, Lehrkräften und Eltern hinbekommt: durch gemeinsame Diskussionen, durch Arbeitsgruppen, durch Aktivitäten, die die Thematiken der Proteste aufgreifen.
Eingestehen müssen wir, dass viele von uns Euch unterschätzt haben. Ihr habt in der Vergangenheit oft genug Einschätzungen anhören müssen, dass Ihr nicht politisch genug seid. Jetzt stellt es sich ganz anders dar. Euer Aufbruch sollte Anlass sein, grundsätzlicher nachzudenken und über neue Wege in der politischen Bildung zu diskutieren.

Euer Weg spricht für sich!

Wir wünschen Euch weiterhin gute Ideen, Kraft zum Durchhalten und natürlich ganz viel Erfolg. Wir bieten Euch unsere Unterstützung an.

Unterzeichner*innen aus dem Bündnis „Bildung für eine demokratische Gesellschaft“ (Stand 12. April 2019):

Deutsche Gesellschaft für Demokratiepädagogik e. V.
Projekt „Jungbewegt“ der Bertelsmann Stiftung
Makista e. V.
Bildungswerk für Schülervertretung und Schülerbeteiligung e.V.
Bundesverband der Freien Alternativschulen e.V. (BFAS)
Deutsches Kinderhilfswerk e. V.
Förderverein Demokratisch Handeln e.V.
Ganztagsschulverband e. V.
Initiative Schule im Aufbruch gGmbH
Internationaler Bund (IB)
Pestalozzi Fröbel Haus, Berlin
Stiftung Bildung
Verband muslimischer Lehrkräfte e.V.
Zukunftsstiftung Bildung der GSL Treuhand

(Hinweis: Gegenwärtig wird dieser Text durch Medienverteiler in Umlauf gebracht. Deswegen ist die Liste der Unterzeichner*innen noch nicht abgeschlossen.)

Was uns als unterzeichnende Partner*innen des Bündnisses Bildung für eine demokratische Gesellschaft in Bezug auf „Fridays for Future“ besonders wichtig ist:

  • Wir sind voller Anerkennung und Wertschätzung und zeigen uns solidarisch mit den Zielen der Kinder und Jugendlichen.
  • Wir begrüßen diesen engagierten Einsatz für die Menschen- und Kinderrechte, für eine lebenswerte Zukunft und das Wohlergehen der Menschheit und der Erde.
  • Wir unterstützen effektive, gemeinsame Aktionen zum Thema Klimaschutz, denn nur so wird es eine demokratische Bildung für die Zukunft geben.
  • Wir bitten die Schulen wertschätzend mit den Anliegen der Kinder und Jugendlichen umzugehen und wenden uns an die Aufsicht der Schulen, kreativ und nicht disziplinarisch gegen die Kinder und Jugendlichen vorzugehen, die aus Angst um ihre Zukunft auf die Straße gehen.
  • Wir versuchen im Rahmen unserer Möglichkeiten die Aktivitäten zu unterstützen.
  • Wir begrüßen, dass alle Aktivitäten gewaltfrei, respektvoll und ohne Diskriminierung auf inhaltlicher und sprachlicher Ebene weiterhin durchgeführt werden.

Hintergrund

Das Bündnis Bildung für eine demokratische Gesellschaft wurde am 10. Juni 2018 in Berlin gegründet und umfasst rund 100 zivilgesellschaftliche Organisationen und staatliche Stellen. Die Partner*innen verbindet ein gemeinsames Demokratie-verständnis, welches Demokratie als menschenrechtebasierte Staats-, Gesellschafts- und individuelle Lebensform begreift und damit ein breites Spektrum verwandter Themenfelder, wie Demokratiepädagogik und politische Bildung, Kinder- und Menschenrechtebildung, Bildung für nachhaltige Entwicklung, kulturelle Bildung oder die Förderung bürgerschaftlichen Engagements umfasst.

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Pressemitteilung

zum Download als pdf.
Stand: 29. März 2019